ONLINE EXHIBITION

Shapes of
Ancient Greece

Deutsches Archäologisches Institut Athen

Aufgelesen
Aufbewahrt
Aufgearbeitet

Die archäologische Sammlung des DAI Athen als Quelle zur Topographie und Siedlungsgeschichte des antiken Griechenlands

DAI Athen, SAG (Foto: Alexander von Eickstedt)

Die Sammlung

Die Abteilung Athen des DAI verfügt über eine ca. 37.000 Artefakte umfassende Archäologische Sammlung. Den größten Teil bilden 32.000 Keramikscherben, gefolgt von ca. 3.000 Obsidianabschlägen und -klingen. Bei den Scherben aller Epochen dominiert die Feinkeramik. Bei mehr als der Hälfte der Fragmente handelt es sich um prähistorische Erzeugnisse. Die Funde stammen aus weiten Teilen Griechenlands, mit einem Schwerpunkt auf Attika, der Argolis, der Korinthia, Böotien sowie den Kykladen.

DAI Athen, SAG (Foto: Alexander von Eickstedt)

Dazu kommen verschiedene Kleinfunde aus Metall, Stein und weiteren Materialien. Auch einige Wandmalereifragmente gehören zu den Beständen.

Entstehungsgeschichte

Die meisten Funde wurde von Institutsmitarbeitern in der Zeit von der Gründung der Athener Abteilung im Jahr 1874 bis zum Zweiten Weltkrieg bei Landesbegehungen gesammelt. Im späten 19. Jahrhundert gehörten Habbo Gerhard Lolling und Paul Wolters zu den in diesem Bereich aktiven Forschern. Insgesamt sind in der Zeit bis zum Ersten Weltkrieg jedoch deutlich weniger Objekte in das DAI Athen gelangt als in der nachfolgenden Zwischenkriegszeit. Etwa 10.000 Scherben wurden der Sammlung durch Walther Wrede zugeführt, der in den Jahren von 1921 bis 1944 umfangreiche Landesbegehungen in Attika und der Argolis durchführte. Auch durch Kurt Gebauer wurden die Bestände erheblich vermehrt. Er führte in den späten 30er Jahren des 20. Jahrhunderts systematische Landesbegehungen in der Argolis und in der Korinthia durch. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangten nur noch wenige Fundstücke in die Sammlung; sie stammen zum Teil aus Nachlässen verstorbener Archäologen.

Habbo Gerhard Lolling (1848–1894)

Ab 1879 Assistent/Hilfsarbeiter am DAI Athen.
1886-1888 Bibliothekar am DAI Athen.

Das Photo zeigt ihn um 1888 auf der Athener Akropolis auf einem archaischen Inschriftenblock östlich des Parthenon sitzend.

D-DAI-ATH-Akropolis-0207 (Foto: unbekannt)
D-DAI-Ath-Oropos-0012_Detail (Foto: unbekannt)

Paul Wolters (1858–1936)

1883/841886/87 Stipendiat des DAI.
18871900 Zweiten Sekretar (Direktor) des DAI Athen.

Wolters ist hier 1882 in Oropos zu sehen.

Walther Wrede (1893–1990)

19261927 Assistent am DAI Athen.
Ab 1927 Zweiter Direktor des DAI Athen. 1935 Landesgruppenleiter der NSDAP in Griechenland.
19371944 Erster Direktor des DAI Athen.

Das Porträt entstand in den 1930er Jahren.

DAI Berlin, Archiv der Zentrale (Foto: unbekannt)
Privater Nachlass K. Gebauer (Bildrechte: Georg Gebauer)

Kurt Gebauer (1909–1942)

1938 Assistent/Hilfsarbeiter.
19391942 Assistent am DAI Athen und Mitarbeiter der Grabung im Kerameikos.

Kurt Gebauer, unterwegs in der Argolis, 1938.

Literatur

K. Brandt, Paul Wolters – in den Blickpunkt gerückt, AtheNea 2018/19, 96–99
(LINK)

U. Jantzen, Einhundert Jahre Athener Institut 1874–1974, DAIGeschDok 10 (Mainz 1986)
(LINK)

M. Krumme, Walther Wrede (1893–1990), in: G. Brands – M. Maischberger (Hrsg.), Lebensbilder. Klassische Archäologen und der Nationalsozialismus Bd. 1 (Rhaden 2012) 159–176
(LINK)

R. Lullies – W. Schiering (Hrsg.), Archäologenbildnisse. Porträts und Kurzbiographien von Klassischen Archäologen deutscher Sprache (Mainz 1988)
(LINK)

Die Erschließung und wissenschaftliche Aufarbeitung der Sammlung

In den Jahren 2021 bis 2023 wurden im Rahmen des Projekts „Shapes of Ancient Greece“ neue Grundlagen für die wissenschaftliche Erschließung der Sammlung geschaffen. Primäres Ziel des vollumfänglich vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts war die digitale Dokumentation des Gesamtbestands. Dazu wurden die Objekte sowohl fotografiert als auch gescannt. Mit dem Spezial-Scanner „Laser Aided Profiler“ wurden zweidimensionale Profilzeichnungen erzeugt. Von einigen besonders dafür geeigneten Fundstücken wurden außerdem mit dem Structure from Motion-Verfahren 3D-Modelle generiert. Ein weiteres Ziel des Projekts war die Rekontextualisierung von Funden, zu denen keine oder nur ungenügende Fundortinformationen vorliegen. Als Quelle dienten dafür insbesondere die umfangreichen Bestände des wissenschaftlichen Archivs des DAI Athen, deren Digitalisierung parallel ebenfalls voranschreitet. Künftig sollen die Materialien vernetzt in der iDAI.world zugänglich sein.

DAI Athen, SAG (Foto: Jonathan Ritter)
DAI Athen, SAG (Foto: Jonathan Ritter)

Veröffentlichung in iDAI.world

Die Digitalisate der Sammlungsobjekte wurden in der zentralen Objektdatenbank des Deutschen Archäologischen Instituts iDAI.objects (Arachne) veröffentlicht:

(LINK) und (LINK)

Zudem wurden Verknüpfungen mit den Datenbanken iDAI.bibliography (Zenon), iDAI.gazetteer und iDAI.archives erstellt. Die mit dem Laser Aided Profiler  erzeugten maßstabsgetreuen Zeichnungen mit ihren maschinenlesbaren Umrisslinien eignen sich auch für eine Integration in automatisierte Formenerkennungsverfahren und Ähnlichkeitsanalysen, wie sie durch iDAI.shapes in Zukunft ermöglicht werden sollen.

Mehr zur Verwendung des Laser Aided Profilers: J. Ritter, Forschungen im Rahmen des Projektes »Shapes of Ancient Greece«. Digitales Zeichnen mit dem Laser Aided ­Profiler“, Forum for Digital Archaeology and Infrastructure 2022, 1–27 (§). doi: 10.34780/f6aa-qca6.
LINK

DAI Athen, SAG (Foto: Jonathan Ritter)
DAI Athen, SAG (3D-Model: Annika Skolik)
DAI Athen, SAG (3D-Model: Annika Skolik)

Ein spätgeometrisches Amphorafragment

Landschaften verändern ihr Gesicht nicht nur durch die Errichtung von Gebäuden, sondern auch durch Straßen- und Schienenbau. In der Sammlung des DAI Athen befindet sich ein großes spätgeometrisches Wandfragment (ca. 750 v. Chr.), das laut einer handschriftlichen Notiz, deren Verfasser noch nicht identifiziert werden konnte, beim „Eisenbahneinschnitt am Dipylon“ gefunden wurde. Dies ist der Bereich der Athener S-Bahn dicht vor der Station Theseion. Das Stück stammt von einer monumentalen Bauchhenkelamphora aus der Werkstatt des sogenannten Dipylon-Meisters. Erhalten ist der vom Betrachter aus linke Rand einer Prothesis- oder Ekphora-Szene. Die gut erkennbaren Beine zweier menschlicher Figuren gehören zu Klagefrauen, die eine verstorbene Frau betrauern, die rechts von ihnen zu ergänzen ist. Nur drei vergleichbare Gefäße (vgl. Spätgeometrische Amphora, Nationalmuseum Athen Inv. 804) sind weitgehend vollständig erhalten. An unserem Fragment fällt besonders die außergewöhnliche Größe der Figuren auf, deren Höhe sich auf ca. 15,2 cm ergänzen lässt. Demgegenüber erreichen die Klagefrauen auf der größten (H 1, 80) nahezu vollständig erhaltenen Bauchhenkelamphora (Athen Nationalmuseum Inv. 803) nur eine Höhe von ca. 13,7 cm.

Das hier vorgestellte Fragment wurde erstmals publiziert von F. Brommer, Antiken des Athener Instituts, AM 87, 1972, 291f. Taf. 101.