Tag 164 Der Friedhof des Awam-Tempels

In der Oase von Marib im Zentrum des heutigen Jemen lag einst die gleichnamige Hauptstadt des Reichs von Saba. Der Awam-Tempel außerhalb der Stadt war dem Hauptgott Almaqah geweiht und vermutlich eines der wichtigsten sabäischen Heiligtümer. Als zentrale Pilgerstätte besaß er auch überregionale Bedeutung. Der Friedhof, der sich im Süden um die ovale Umfassungsmauer des Awam-Tempels erstreckt, spiegelt diese Bedeutung wider. Er wurde vom 8. vorchristlichen bis ins 4. nachchristliche Jahrhundert genutzt und hat bei einer vorsichtigen Hochrechnung eine Anzahl von insgesamt über 20.000 Bestatteten aufgenommen. Dass diese meist aus der gesellschaftlichen Elite stammten, zeigen die monumentalen Mausoleen –  mehrgeschossige Prunkbauten, teilweise mit vorgelagerten Propyläen, in denen ganze Familien bestattet wurden.

Blick über das Nekropolengelände auf die engen Gassen und immer wieder umgebauten Gräber (Foto: DAI Sanaa)

Trotz der enormen Plünderungen, die wohl bereits in der Spätantike begannen und bis in die Gegenwart reichen, haben sich zahlreiche Grabbeigaben erhalten. Hierzu gehören vor allem bronzene und tönerne Miniaturen von Gefäßen, Opferplatten und Weihrauchbrennern, Schmuckelemente von Ketten und Ringen sowie Terrakotten von Tieren und Menschen. Grabstelen mit eingesetzten Alabasterköpfen, Zahnschnittfriesen, Ritzmasken und Inschriften gestalten die aufwändigen Grabbauten und geben Auskunft über die Besitzverhältnisse der Gräber.

Von 1997-2002 erforschte ein Projekt der Außenstelle Sanaa des DAI den Friedhof und machte ihn zu einem der am besten untersuchten sabäischen Bestattungsplätze in der Region von Marib.

Weitere Informationen zum Projekt:
https://www.dainst.org/project/102276