Erster Band zum völkerwanderungszeitlichen Gräberfeld Szólád erschienen​

von Alexander Gramsch

Das Wechselspiel von Mensch und Umwelt ist nicht nur ein immer akutes, sondern auch ein historisches Thema. Es steht auch im Zentrum eines im Sommer 2022 neu erschienenen Bandes der Publikationsreihe „Römisch-Germanische Forschungen“.

Beim ungarischen Dorf Szólád wurde seit 2005 ein kleines Gräberfeld aus der Langobardenzeit gemeinsam von der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts (RGK) und dem ehemaligen Archäologischen Institut der Ungarischen Akademie der Wissenschaften archäologisch und naturwissenschaftlich erforscht (Abb. 1). Der erste Band der Auswertung dieser Grabungen und Analysen erschien nun unter dem Titel „Szólád I. Das langobardenzeitliche Gräberfeld: Mensch und Umwelt“.

Abb. 1: Blick über die Ausgrabungsfläche bei Szólád aus Nordosten im Jahr 2006. [Attribution: U. v. Freeden; Copyright: CC BY-NC-ND]

Szólád liegt an der Peripherie des Südufers des Balatons (Abb. 2). Wie diese Landschaft sich den ankommenden Siedlern im 6. Jahrhundert präsentierte und wie der menschliche Einfluss, trotz fruchtbarer Böden, in der Folgezeit schwächer wurde, thematisiert der Band ebenso wie die Frage, wie die bäuerliche Gemeinschaft Ackerbau, Viehzucht und Fischfang betrieb und die natürliche Vegetation nutzte (Abb. 3).

Abb. 2: Die Lage von Szólád („Solat“) auf einer Karte von 1709 von Johann Christoph Müller (oben) und die größte Ausdehnung des Plattensees in der Vorgeschichte (unten) [L. Bartosiewicz nach J. Cholnoky, Balaton (Budapest 1936) und www.oszk.hu/en/maps]. [Attribution: C. Müller / L. Bartosiewicz; Copyright: CC BY-NC-ND]
Abb. 3: Wirbel von Karpfenfischen (Cyprinidae) aus Grab 5 von Szólád. [Attribution: L. Bartosiewicz; Copyright: CC BY-NC-ND]

Die menschlichen Überreste von Szólád waren auch Teil des großangelegten internationalen Forschungsvorhabens „HistoGenes“, das die gegenwärtige Diskussion um den Stellenwert von Analysen alter DNA (aDNA) für die Archäologie und Geschichte der Völkerwanderungszeit (4.–8. Jahrhundert) maßgeblich prägt. Die Beiträge im von Tivadar Vida und Daniel Winger herausgegebenen Band, widmen sich den Untersuchungen von Böden und Pflanzen, von Resten von Vögeln und Fischen, und natürlich den hier Bestatteten (Abb. 4 und Abb. 5). Wir erfahren nicht nur, wie die Gräber angelegt und die Toten beigesetzt wurden, sondern auch, wie eine kleine bäuerliche Gemeinschaft am Übergang von der Spätantike zum Mittelalter die Landschaft am Balaton prägte und die lokalen Ressourcen nutzte.

Abb. 4: Freilegen menschlicher Überreste in Grab 4 von Szólád. [Attribution: U. v. Freeden; Copyright: CC BY-NC-ND]
Abb. 5: Dokumentation der Funde und Befunde in Grab 5 von Szólád mit dem Pantographen. [Attribution: T. Vida; Copyright: CC BY-NC-ND]

 

 

(Titelbild: Ausschnitt aus Abb. 3. Urheber: L. Bartosiewicz, Copyright: CC BY-NC-ND)