Feierstunde zum 100. Band der Germania

Autor:innen Susanne Grunwald / Alexander Gramsch / Kerstin P. Hofmann

Von 0 auf 100

Mit Freude und Stolz veröffentlicht die Römisch-Germanische Kommission in diesem Sommer den 100. Band ihrer Zeitschrift Germania – wie inzwischen üblich sowohl online im Open Access als auch als qualitätvolle Druckausgabe. Dies ist Anlass für eine feierliche Präsentation des 100. Bandes am 16. August um 18 Uhr im Bersu-Saal der RGK.

Im Rahmen dieser Feierstunde werden, nach einleitenden Grußworten, Kerstin P. Hofmann und Alexander Gramsch (beide RGK) die Germania 100 vorstellen, anschließend berichtet Susanne Grunwald (RGK) aus der Geschichte der Zeitschrift und Peter Baumeister (DAI) stellt Überlegungen zur Zukunft des wissenschaftlichen Publizierens an.

Wie aber entstand und entwickelte sich diese zweite Zeitschrift der RGK, die uns nun seit über 100 Jahren begleitet und den wissenschaftlichen Austausch fördert?

Das Programm der Feierstunde zur Präsentation des 100. Germania-Bandes [Grafik: O. Wagner, RGK].

Zur Entstehung der Germania

Als die Römisch-Germanische Kommission 1902 ihre Arbeit aufnahm, setzte sie sich zum Ziel, „über ihre Arbeiten
fortlaufende Mittheilungen“ herauszugeben (Satzung RGK 1901 § 8). So erscheint seit 1905 jährlich der Bericht
der Römisch-Germanischen Kommission
. Die Kommission sah sich zudem verpflichtet, den Austausch zwischen
verschiedenen Institutionen und Forschenden zu fördern, was letztlich zur Gründung der Germania führte.

Zunächst lieferte die RGK Beiträge zum Korrespondenzblatt der Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst, die von 14 west- und süddeutschen Geschichts- und Altertumsvereinen herausgegeben wurde. Ab 1908 erschien dieses Blatt dann bis 1916 mit dem Titel Römisches-Germanisches Korrespondenzblatt. Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung. Diese im Titel erkennbare Themensetzung entsprach genau dem Gründungsauftrag
der RGK.

Im August 1916 beschloss die RGK, das von Krüger herausgegebene Korrespondenzblatt zu übernehmen. Ab 1917 gab die Kommission das Korrespondenzblatt der Römisch-Germanischen Kommission des Kaiserlichen Archäologischen Instituts mit neuer Bandnummerierung heraus [Abb.: S. Grunwald / K. Ruppel, RGK].

Solche publizistische Konzentration auf Forschungsthemen und -räume wurde auch von anderen Institutionen in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg forciert und schlug sich in der Gründung mehrerer Zeitschriften nieder. Die RGK reagierte auf diesen Trend mit der Übernahme des Römisch-Germanischen Korrespondenzblattes 1917 und seiner Umbenennung in Korrespondenzblatt der Römisch-Germanischen Kommission des Kaiserlichen Archäologischen Institutes. Damit war die RGK nun nicht länger eine unter mehreren Beiträgerinnen für eine Zeitschrift, sondern deren alleinige Herausgeberin.

Friedrich Koepp, der damalige Direktor der RGK, kündigte an, zukünftig Fundnachrichten und Aufsätze aus dem weiten Forschungsgebiet, „das sich von der jüngeren Steinzeit bis tief ins Mittelalter streckt“, zu präsentieren, sich dabei aber auf die in der Satzung definierte römisch-germanische Forschung zu konzentrieren (F. Koepp, Zur Einführung. Korrbl. 1,1, 1917, 1–4. https://doi.org/10.11588/ger.1917.1).

Ab dem ersten Heft des zweiten Jahrganges gab dann die RGK 1918 ihr Korrespondenzblatt mit dem vorgesetzten Titel Germania heraus, ohne dass diese Namenserweiterung im Band selbst irgendwie erklärt wurde.

Die Redaktionsarbeiten zur Germania lagen stets in den Händen des Direktoriums und der Mitarbeitenden der RGK. Produziert wurden die Bände des Korrespondenzblattes bzw. der Germania bis 1920 beim Frankfurter Verlag Joseph Baer, danach bis 1931 beim Bamberger Verlag C. C. Buchner und von 1932 bis 1975 beim Berliner de Gruyter Verlag (Weiteres zur Verlagsgeschichte der Germania hier).

1918 erschien das erste Heft des zweiten Jahrganges dieses Korrespondenzblattes mit dem vorangestellten Zusatz Germania. Unter diesem Namen etablierte sich die Zeitschrift schnell auf dem archäologischen Zeitschriftenmarkt im In- und Ausland [Abb.: S. Grunwald / K. Ruppel, RGK].

Eine Zeitschrift etabliert sich

Die Germania wurde bald zu einer Konkurrentin der anderen großen deutschen archäologischen Zeitschriften, besonders der Prähistorischen Zeitschrift (PZ) und des Nachrichtenblattes für deutsche Vorzeit. Nach offensichtlich konstruktiven Verhandlungen zwischen den jeweiligen Herausgebern wurde 1930 eine Übereinkunft getroffen, an der auch das Preußische Kultusministerium beteiligt war. Dass diese Vereinbarung im Nachrichtenblatt veröffentlicht wurde, verdeutlicht die konstitutive Bedeutung, die beiden Zeitschriften für die inhaltliche und strukturelle Ausdifferenzierung der deutschen archäologischen Forschung beigemessen wurde. Danach sollte das Nachrichtenblatt „die Berichtserstattung über die Forschungsergebnisse in vor- und frühgeschichtlicher Zeit für das gesamte deutsche Reichsgebiet“ übernehmen, während die Germania über „römische Funde des deutschen Reichsgebietes“ sowie über „Funde außerhalb der deutschen Reichsgrenzen“ berichten sollte. Die PZ veröffentlichte weiterhin Beiträge zur gesamten europäischen Vorgeschichte.

Und so sollte es auf Jahrzehnte bleiben. Nach dem Auslaufen des Nachrichtenblattes 1943 blieben die Germania und die PZ die maßgeblichen deutschen Fachzeitschriften für Prähistorische und Provinzialrömische Archäologie in Europa. Der Germania war zwischen 1951 und 1956 eine kleine Nachfolgeversion des Nachrichtenblattes beigegeben. Dieses Mitteilungsblatt listete die Anschriften von Museen, Denkmalämtern und Universitätsinstituten in beiden Teilen Deutschlands und ermöglichte so Kontaktaufnahmen und Austausch.

Kontinuität und Wandel

Zwischen dem ersten und dem nunmehr einhundertsten Band der Germania liegen 106 Jahre archäologischer Forschung, die Herausgabe verantworteten zehn Direktoren und zwei Direktorinnen der Römisch-Germanischen Kommission (Näheres zur Geschichte der Germania hier).

Man sieht den 3,60 Buchmetern weder die Mühen der archäologischen Forschung an, die sie beinhaltet, noch den Stolz der Autor:innen und Herausgeber:innen. Das konstant gebliebene Format, die seit Jahren burgunderrote Einbandfarbe und der unveränderte Name täuschen darüber hinweg, wie sehr sich archäologisches Forschen und Publizieren seit dem Jahr 1917, als die erste Ausgabe der Germania erschien, verändert haben – und weiter verändern. Diese Veränderungen sind in den vielen Artikeln und Rezensionen der einhundert Jahrgänge jedoch direkt greifbar, ganz so, wie es der erste Herausgeber, Friedrich Koepp erhofft und prophezeit hatte: Die Germania sollte „späteren Generationen ein bequemes Repertorium“ sein, ein kontinuierlich erweitertes archäologisches Findbuch als Kanon der deutschen römisch-germanischen Forschungen.

Der erste Band der Germania, der nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erschien, enthielt Beiträge, die 1943 nicht mehr veröffentlicht werden konnten, und solche, die seit 1944 bei der RGK eingegangen waren [Abb.: S. Grunwald / K. Ruppel, RGK].
Der Schwerpunkt des 100. Bandes liegt auf aktuellen Zugängen zur römisch-germanischen Archäologie – auf Germanenbildern in Geschichte und Gegenwart, Germanenforschung und auf der Archäologie ‚germanischer‘ Artefakte und den Beziehungen über den Limes hinweg [Abb.: O. Wagner, RGK].

Heute und in Zukunft publiziert die Germania Beiträge aus ganz Europa auf Deutsch, Englisch und Französisch und in unterschiedlichen Formaten: Aufsätzen, Diskussionsbeiträgen und zahlreichen Buchbesprechungen (s. https://www.propylaeum.de/recensio-antiquitatis/rezensionen/zeitschriften/germania/germania). Und auch in Zukunft wird sie ein Wissenskommunikator der europäischen Forschungen zur Prähistorie und Provinzialrömischen Archäologie bleiben.