Als die Viehzüchter kamen

Ernährungswandel in der westsibirischen Baraba-Waldsteppe vom 3. bis zum 2. Jahrtausend vor Chr. – Ein Beitrag von Stine Letz

Im Gebiet der Baraba-Waldsteppe, gelegen zwischen den russischen Millionenstädten Omsk und Nowosibirsk, finden sich seit mehr als 5.000 Jahren Spuren menschlicher Besiedlung – aber kaum Überreste ihrer frühen Siedlungen. Seit über 40 Jahren ist die Eurasien-Abteilung des DAI in Kooperation mit der sibirischen Abteilung der RAW (Russischen Akademie der Wissenschaften) damit beschäftigt, dass Gebiet archäologisch zu erforschen – und dabei interessanten Erkenntnissen auf der Spur.

Grab der Andronovo Kultur mit Fischbeigaben. (Foto: S. Reinhold)

Nekropolen (Gräberfelder) sind der einzige Anhaltspunkt für die Forschenden des DAI und ihrer Kooperationspartner:innen um mehr über die Lebens- und allen voran die Essgewohnheiten der Steppenbewohner in der frühen Bronzezeit zu erfahren. Die Menschen in der Steppe, Angehörige der sogenannten Odino-Kultur, ernährten sich bis zum Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. hauptsächlich von den Pflanzen, Tieren, und Fischen, die sie in ihrer Umgebung vorfinden, jagen oder fangen konnten. Erst die Zuwanderung von Angehörigen der sogenannten Krotovo-Kultur, einer gleichzeitig in der direkten Nachbarschaft existierenden Kultur von Viehzüchtern, veränderte die lang gehegte Tradition.

Woher man überhaupt von den Veränderungen in der Ernährung und ihren Folgen für die Lebensweise der Steppenbewohner weiß? Die Antwort findet sich in Knochen und Zähnen und wird mit dem Begriff „Isotopen-Analyse“ bezeichnet. Gemeint ist damit die Untersuchung der Nahrungsbestandteile, die sich im Körper ablagern und anhand derer Aussagen über tierische und pflanzliche Produkte in der Ernährung der Steppenbewohner getroffen werden können.
Anstatt in den Steppengebieten auf Jagd zu gehen und Fischfang zu betreiben, züchteten die Einwanderer Schafe und Rinder und beeinflussten mit ihrer Lebensweise die bereits ansässigen Menschen.
In den untersuchten Nekropolen fanden sich Grablegen mit gut erhaltenen und für Untersuchungen geeigneten Skeletten.
Doch nicht nur die Verstorbenen selbst verraten etwas über ihren Fisch-, Fleisch- und Pflanzenkonsum, sondern auch ihre Grabbeigaben. Fischskelette spiegeln in den Gräbern, die aus dem 2. Jahrtausend vor Christus stammen, die enorme Bedeutung der Wirbeltiere für die Menschen wider und sind Informationsträger für die ökonomische Situation der Menschen.

Fischreste in Gefäßen der Andronovo Kultur (1–4) – gefischt wurden u. a. Hechte, Rotaugen und Karauschen (5). (Foto: L. Kobeleva)

Die archäo- und paläogenetischen Untersuchungen des DAI und seiner Partner beweisen, dass nicht alle Steppenbewohner ihre ursprüngliche Art der Nahrungsbeschaffung ablegten und auch, dass diese Prozesse langwierig und kompliziert waren. Dennoch lässt sich festhalten das sich die Ernährung der Menschen in der Baraba-Waldsteppe veränderte, als die Viehzüchter kamen.

Für mehr Informationen zu den angestellten Analysen und der zukünftigen Ausrichtung des Projekts im aktuellen E-Forschungsbericht:
https://publications.dainst.org/journals/index.php/efb/article/view/2716/7139

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