Die Erforschung von Pixeln und Pollen

E. Razanatsoa bei einer Bohrkernbeprobung in Madagaskar (Foto © P. A. Rasolonjatovo)

Über die Erforschung von Pixeln und Pollen

Afrika ist ein anpassungsfähiger Erdteil, der immer wieder starken klimatischen und wirtschaftlichen Veränderungen unterworfen war und es bis heute ist. Aus archäologischer Sicht ist Afrika ein Hotspot für die Erforschung von Umwelt- und Menschheitsgeschichte.

Estelle Razanatsoa kommt aus Madagaskar. Sie erforscht Umweltveränderungen in der Vergangenheit und erstellt Simulationen zur Reaktion und Anpassung von Ökosystemen auf zukünftige Klimaschwankungen und auf Landnutzung. Seit ihrem Studium der Biologie und Pflanzenökologie an der Universite d’Antananarivo (Madagaskar) arbeitet sie daran, Klima- und Umweltveränderungen in tropischen und ariden Regionen anhand einer Vielzahl von ökologischen und historischen Materialien nachzuvollziehen. Sie untersucht Pollen, Holzkohlefragmente, Pilzsporen aus Dungresten in Sedimentbohrkernen und Wachstumsringe von Baobab-Bäumen, um Daten über Vegetationszusammensetzung und über den Einfluss von Feuer, Tierverbiss an Pflanzen und Klimaveränderungen auf Landschaften zu gewinnen. Kombiniert mit dynamischen Modellen können diese Daten zeigen, wie sich die Umwelt im Laufe der Zeit veränderte und auf welche Weise der Mensch diese Veränderungen ausgelöste und wie er darauf reagierte. Die Modelle könnten in Zukunft auch helfen, schneller und effektiver auf anstehende Veränderungen zu reagieren und Landnutzungssysteme so anzupassen, dass Landschaften langfristig erhalten und nutzbar bleiben.
SPP Young Scientists Meeting Dezember 2020 (Folie © E. Razanatsoa, Screenshot: J. Sigl)

Als Postdoktorandin an der Universität Kapstadt (Südafrika) untersucht sie derzeit schwerpunktmäßig die Veränderungen in den Trockenwäldern im Westen Madagaskars. Das Entangled Africa Programm unterstützt die Karriere dieser engagierten jungen Forscherin durch eine Einbindung in das das paläoökologische Projekt DeGree, das unter anderem zur Austrocknung der Sahara und zu Oasenbildung und -bewirtschaftung im Norden des Kontinents forscht. Estelle Razanatsoas Expertise in statistischer Auswertung der in diesem Projekt gesammelten paläoökologischen Daten wird ein wichtiges Moment für den Gesamterfolg des Projekts bedeuten.

J. Eger während Surveyarbeit im Sudan (Foto © J. Petereit)

Die Geschichte Afrikas vor Ort zu erkunden ist uns im Moment nicht möglich. Die weltweite Gesundheitssituation hat uns ins Home Office geführt. Und doch sind wir mitten drin. Vom heimatlichen Schreibtisch aus und – vor der Pandemie – durch ihre Arbeit vor Ort im Sudan erkundet die Archäologin Jana Eger historische Stätten in den Wüsten- und Halbwüstengebieten westlich des Nils. Mit der Auswertung von Fernerkundungsdaten, z. B. Satellitenfotos und Radarmessungen, erkundete sie für ihre Magisterarbeit an der Freien Universität Berlin Wegenetze im Sudan. Ihr aktuelles Dissertationsprojekt führt sie wieder in das Land am Nil – oder besser in die Savannen- und Wüstengebieten westlich davon. Im Rahmen des Projekts InterLINK schreibt sie ihre Doktorarbeit an der Westfälische Wilhelms-Universität Münster zum Thema „Nord-Kordofan als Kontakt- und Grenzzone mittelalterlicher nubischer Staaten“. Dieses Jahr konnte sie aufgrund der weltweiten Reiseeinschränkungen ihre volle Aufmerksamkeit der dafür grundlegenden Fernerkundung zuwenden. Über hochauflösende Fotos und Geländemodelle entdeckten Jana Eger und ihr Kollege Tim Karberg (W.A.D.I.-Projekt) an der Nordgrenze des nördlichen Kordofan zum Beispiel bisher unbekannte Ansiedlungen entlang der einst feuchten Uferzone eines heute verlandeten Sees in der Nähe des Jebel Nagaschusch (Link zum Bericht). Vermutlich stammen diese aus einer Zeit zwischen 7000 und 4000 vor heute. Eine genaue Bestimmung wird erst durch einen Besuch vor Ort möglich werden.

Ob aus dem Weltall oder mit dem Computer, die jungen Wissenschaftler*innen des SPP gehen neue Wege in der Erforschung Afrikas – und auch eine Pandemie hält sie davon nicht ab.

Archäologie und Naturwissenschaften sind ihre Zukunft (Screenshot: J. Sigl)
J. Eger nutzt traditionelle und moderne methoden in ihrer Forschung (Screenshot: J. Sigl)
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